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KMR-Stoffe zählen zu den besonders besorgniserregenden Gefahrstoffen. Aufgrund ihrer krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Wirkung gelten für sie besonders strenge rechtliche Anforderungen. Sowohl Hersteller, Importeure als auch nachgeschaltete Anwender sind verpflichtet, die Exposition gegenüber diesen Stoffen auf ein Minimum zu reduzieren, Risiken systematisch zu beurteilen und umfassende Schutzmaßnahmen umzusetzen.
Dieser Beitrag bietet eine strukturierte Übersicht über die Eigenschaften, Einstufung und Kennzeichnung von KMR-Stoffen sowie über die daraus resultierenden Pflichten für Unternehmen im Umgang mit diesen Stoffen.
Der Begriff „KMR-Stoff“ steht für Substanzen mit folgenden Wirkprofilen:
Im Englischen werden sie als „CMR substances“ bezeichnet (carcinogenic, mutagenic, toxic for reproduction). Diese Stoffe können Krebs auslösen, genetische Defekte verursachen oder die Fortpflanzungsfähigkeit und embryonale Entwicklung beim Menschen beeinträchtigen. Aufgrund dieser Wirkungen gelten sie als besonders besorgniserregend und unterliegen einem strengen rechtlichen Rahmen.
Die Einstufung von KMR-Stoffen erfolgt auf Grundlage der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, die das europäische System zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische regelt. Für die drei Gefahrenklassen – krebserzeugend, keimzellmutagen und reproduktionstoxisch – gelten jeweils die folgenden Kategorien:
Stoffe der Kategorien 1A und 1B gelten als „KMR-Stoffe“ im engeren Sinne und unterliegen besonders strengen Anforderungen gemäß Gefahrstoffverordnung (z. B. hinsichtlich Substitution, Expositionsbegrenzung und Dokumentation).
Stoffe der Kategorie 2 sind ebenfalls kennzeichnungspflichtig, erfordern aber zunächst keine erweiterten Schutzmaßnahmen gemäß § 10 GefStoffV. Sie können jedoch im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung als vergleichbar relevant einzustufen sein, insbesondere bei häufiger oder langandauernder Exposition.
Viele KMR-Stoffe der Kategorien 1A und 1B sind zugleich als besonders besorgniserregende Stoffe („Substances of Very High Concern“, SVHC) eingestuft und in der REACH Kandidatenliste aufgeführt. Dort finden sich auch andere Stoffgruppen mit vergleichbar kritischem Gefährdungspotenzial, etwa PBT-Stoffe und vPvB-Stoffe. Für Unternehmen können daraus zusätzliche Informations- und Zulassungspflichten entstehen – insbesondere bei der Herstellung oder dem Inverkehrbringen von Gemischen und Erzeugnissen. Eine regelmäßige Prüfung der SVHC-Eigenschaften ist daher integraler Bestandteil eines vorausschauenden Gefahrstoffmanagements.
Eine aktuelle und verlässliche KMR-Stoffe Liste stellt das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) bereit. Die Liste enthält alle Stoffe, die unter die Definition als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch im Sinne der CLP-Verordnung fallen – einschließlich ihrer Einstufung nach Kategorie 1A, 1B oder 2. Die Übersicht wird regelmäßig aktualisiert und kann hier abgerufen werden: Zur KMR-Stoffe Liste des IFA.
KMR-Stoffe werden mit spezifischen Gefahrenhinweisen (H-Sätzen) gekennzeichnet, zum Beispiel:
Ergänzend kommen oft P-Sätze (Präventionshinweise) sowie die Kennzeichnung mit dem Gefahrensymbol GHS08 (Gesundheitsgefahr) zum Einsatz. Die vollständige Gefahrstoff-Kennzeichnung mittels H- und P-Sätzen sowie Gefahrensymbol muss im Sicherheitsdatenblatt und auf dem Produktetikett des KMR-Stoffs bzw. des Gemisches angegeben werden.
KMR-Stoffe unterscheiden sich von anderen Gefahrstoffen nicht nur durch ihre Gefahrenklasse, sondern auch durch ihre hohe Relevanz für den Langzeitarbeitsschutz. Ihre schädigende Wirkung kann bereits bei niedriger Exposition auftreten, teilweise sogar ohne Schwellenwert. KMR-Stoffe können auch als Nebenprodukte in Arbeitsprozessen entstehen – etwa bei der Hartholzbearbeitung, wenn dabei krebserzeugender Holzstaub freigesetzt wird. Gesundheitliche Folgen können zudem häufig erst nach Jahrzehnten auftreten. Deswegen gilt bei KMR-Stoffen ein konsequentes Minimierungsgebot: Die Exposition sollte bei allen Tätigkeiten mit diesen Stoffen von Beginn an so gering wie möglich gehalten werden. Dies betrifft insbesondere:
Die Verantwortung für den sicheren Umgang liegt nicht nur bei den Anwendern im Betrieb, sondern beginnt früher in der Lieferkette. Hersteller und Importeure sind verpflichtet, Risiken zu bewerten und relevante Informationen bereitzustellen. Sie müssen sicherstellen, dass die Einstufung, Kennzeichnung und Risikobewertung korrekt vorgenommen und entsprechende Informationen gemäß REACH-Verordnung entlang der Lieferkette weitergegeben werden.
Die relevanten rechtlichen Vorschriften für den Umgang mit KMR-Stoffen sind:
Vor Aufnahme einer Tätigkeit mit einem KMR-Stoff muss eine Beurteilung der von ihm ausgehenden Gefahr erfolgen. Diese umfasst:
TRGS 910 konkretisiert die Risikobewertung krebserzeugender Stoffe durch Einführung der:
Wird der akzeptable Bereich überschritten, müssen zusätzliche technische oder organisatorische Maßnahmen ergriffen werden.
Das sogenannte TOP-Prinzip regelt die Rangfolge der Maßnahmen. Diese werden gemäß § 10 GefStoffV eingeteilt in technische (T), organisatorische (O) und persönliche (P) Maßnahmen. Das TOP-Prinzip lautet: Substitution vor Schutzmaßnahme vor persönlicher Schutzausrüstung.
Die Umsetzung der Maßnahmen ist zu überwachen und zu dokumentieren – idealerweise digital über eine EHS-Softwarelösung, die das Gefahrstoffmanagement, die Überwachung von Arbeitsplatzgrenzwerten und die Gefährdungsbeurteilung verknüpft. Zudem sind alle Beschäftigten regelmäßig zu unterweisen. Der Umfang der Unterweisung richtet sich nach Gefährdungspotenzial und Expositionshöhe.
Die TRGS 510 regelt die Lagerung von Gefahrstoffen, einschließlich KMR-Stoffen. Zu beachten sind:
Die Organisation der Betriebsabläufe sollte so gestaltet sein, dass Tätigkeiten mit KMR-Stoffen auf das notwendige Minimum reduziert werden. Weitere Hinweise erhalten Sie in unserem Artikel zur Zusammenlagerung von Gefahrstoffen.
Die GefStoffV verpflichtet Unternehmen zur systematischen Prüfung von Ersatzstoffen oder alternativen Verfahren. Der Nachweis über die Prüfung muss dokumentiert werden. Ein Verzicht auf Substitution ist nur dann zulässig, wenn nachweislich kein geeigneter Ersatzstoff oder kein alternatives Verfahren existiert.
Insbesondere Hersteller und Importeure sollten ihre Formulierungen regelmäßig auf KMR-haltige Komponenten prüfen und vorausschauend Substitutionsprüfungen für ihre Rezepturen vornehmen – nicht nur aus regulatorischen Gründen, sondern auch im Hinblick auf Marktanforderungen und Lieferkettenstabilität.
Das Verzeichnis gefährlicher Stoffe gemäß § 6 GefStoffV muss alle am Arbeitsplatz eingesetzten KMR-Stoffe enthalten – inklusive:
Ergänzend dazu sind schriftliche Betriebsanweisungen zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Diese enthalten Informationen zu Gefahren, Schutzmaßnahmen, Erste Hilfe sowie zum Verhalten bei Störungen oder Unfällen.
Rolle | Zentrale Pflichten im Umgang mit KMR-Stoffen |
Hersteller / Importeure |
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Arbeitgeber |
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Nachgeschaltete Anwender |
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